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Rigolen – die etwas andere Retention

Königsfeld im Schwarzwald, Ortsteil Burgberg, Baugebiet “Winterberg West”: 1,7 ha, 19 Bauplätze, Ingenieurplanungen für Straße, Kanalisation und Wasserversorgung. Klingt auf den ersten Blick nach einer typischen Erschließungsmaßnahme, doch am Ende der Erschließungsplanung wartet eine Überraschung! Denn die vorgesehene Retentionsfläche weist ein so starkes Gefälle auf, dass die Herstellung eines klassischen Regenrückhaltebeckens als Erdbecken an dieser Stelle ausgeschlossen ist.

Das Plangebiet im Königsfelder Ortsteil Burgberg weist ein starkes Gefälle von Süden nach Norden (bis zu 13 %) auf. Im Norden (ca. 200 m vom Plangebiet entfernt) fließt der Hühnerbach. Im Bestand liegt ein Mischwasserkanalnetz vor, welches durch mehrere kleine Gräben und Mulden ergänzt wird.Das anfallende Oberflächen- und Niederschlagswasser soll in den geplanten Regenwasserkanal und von dort über eine Retentionsanlage in den Hühnerbach eingeleitet werden. Um den Hühnerbach hydraulisch nicht stärker zu belasten, ist für das Baugebiet eine Retention vorgesehen. Der Abfluss wird vor Einleitung in das Gewässer gedrosselt. Die Berechnung ergab ein erforderliches Retentionsvolumen von 317 m³.  Soweit nichts Spannendes.Im Plangebiet liegt eine Fläche vor, welche weder flächeneffizient noch wirtschaftlich erschlossen werden kann. Diese Teilfläche wird daher im Bebauungsplan als Retentionsfläche zur Rückhaltung und Ableitung des anfallenden Oberflächenwassers vorgehalten. Der Abfluss wird dort zwischengespeichert und gedrosselt in die Vorflut eingeleitet.Allerdings liegt genau hier die Herausforderung: In diesem Bereich haben wir nicht nur 13% Gefälle wie im Plangebiet, sondern sogar bis zu 27% in Süd-Nord-Richtung.

Dadurch ist die Herstellung eines klassischen Regenrückhaltebeckens als Erdbecken in der zur Verfügung stehenden Fläche ausgeschlossen. Es musste also eine kreative Lösung her, die vor allem eine optimale Ausnutzung der vorliegenden Fläche bietet.Die ideale Lösung fanden wir in den sogenannten abgedichteten Rigolenfüllkörpern. Diese können unterirdisch das anfallende Wasser speichern und gedrosselt in das Gewässer einleiten. Der Vorteil dieser Lösung ist, dass die einzelnen Boxen (Regelmaß 0,80m x 0,80m x 0,66m) auch gruppenweise gestapelt bzw. stufenweise verlegt werden können. Dadurch kann die zur Retention eigentlich weniger geeignete Fläche optimal genutzt und die erforderlichen Massenbewegungen auf ein Minimum reduziert werden.

Generelle Vorteile von Rigolen:

 

Neben der optimalen Flächennutzung stellen Rigolenfüllkörper im Vergleich zu anderen unterirdischen Lösungen wie beispielsweise Zisternen oder Stahlbetonbecken die ökonomisch sinnvollere Lösung dar. Ein weiterer wichtiger Vorteil dieses Systems ist die schnelle und einfache Montage, da die Verschiebesicherung / Fixierung der Lagen mittels integrierter Rastnocken („Lego-Prinizip“) erfolgt. Zusätzlich ist die Fläche über den Rigolen 100 %ig nutzbar, z.B. als Parkplatz, Zufahrt oder Grünfläche.

Die Rigolenfüllkörper sind auf Schwerlastverkehr mit bis zu 60 Tonnen Gesamtlast ausgelegt und können bis zu einer Sohltiefe von 4 Meter verbaut werden, die statische Sicherheit ist somit gewährleistet.
 

Die Boxen haben einen integrierten Verteil-/Inspektions- bzw. Spülkanal zwischen Zulauf- und Ablaufschacht. Es liegt eine bis 120 bar hochdruckspülbare Absetzzone vor. Dadurch können eingespülte Sedimente in einer geschlossenen Fließsohle aufgefangen werden. Die Rigolenfüllkörper werden mit einer Kunststoffdichtungsbahn ummantelt und verschweißt. Der Speicherkoeffizient beträgt zwischen 93% (Hochlastbox) bzw. 95 % (Standardbox, hier ausgeführt). Die Boxen werden 2-reihig übereinander aufgestapelt. Im Zulauf zum Becken wird ein (Zulauf-)Schacht mit integriertem Sandfang hergestellt, so dass mögliche Ablagerungen und Verschmutzungen bereits vor dem Einfließen in das geplante Becken zurückgehalten werden. Neben dem Auslaufschacht werden noch vier weitere Revisionsschächte (an jeder Ecke) zur Inspektion und Durchspülung hergestellt. Hinter dem Becken wird ein Drosselbauwerk gebaut. Dieses wird mit einer Notentlastung für Extremregenereignisse versehen. Als Drossel kommt eine ohne Fremdenergie arbeitende Wirbeldrossel zum Einsatz. Der Auslaufbereich hinter dem Drosselbauwerk und die Einleitstelle in den Graben werden neu modelliert und mit Wasserbausteinen befestigt. Der Graben vom Auslaufbereich bis zur Einleitung in das Gewässer wurde an den erforderlichen Stellen ertüchtigt (Mulde neu profilieren, Verdolungen erneuern).

 

Mit dem Einsatz der Rigolen konnten wir nicht nur die Retentionsfläche optimal nutzen, sondern auch die Baustellenlogistik erheblich vereinfachen: die Boxelemente werden ineinander gestapelt geliefert und abgesetzt und können dann relativ problemlos vom Lageplatz zur Baugrube transportiert werden.

Suat Sarac

M. Eng.

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