Beton schwimmt – und wir sind stolz auf euch!
Betonkanuregatta 2022 in Brandenburg an der Havel – unsere Studentin Isabel Schrod (DHBW Mosbach) war dabei – hier ihr Bericht über eine besondere Erfahrung.
Für das letzte Semester unseres Studiums hatten wir uns ein ganz besonderes Projekt vorgenommen: Die Teilnahme an der 18. Deutschen Betonkanuregatta in Brandenburg an der Havel. Dabei handelt es sich um ein alle zwei Jahre stattfindendes Event, bei dem Student*innen verschiedener Hochschulen / Universitäten gegeneinander antreten. Im Fokus steht neben der Regatta vor allem der Prozess des Kanubaus, von der Planung bis hin zur Fertigung.
Da die DHBW Mosbach erst einmal an der Betonkanuregatta teilgenommen hatte, standen uns nur wenig Erfahrungswerte zur Verfügung. Das bedeutete für unser Team ING.enious, dass wir erst einmal herausfinden mussten, wie man mit dem Werkstoff Beton arbeitet und ein eigenes Kanu konstruiert.
Konstruktion des Kanus
Das Kanu basiert auf dem Modell eines schnellen Sportkanadiers. Die schlanke Form mit spitzem Bug und Heck sorgt für einen geringen Wasserwiederstand. Durch die runde Form des Bodens wird dem Kanu nach Erlangen einer bestimmten Geschwindigkeit eine höhere Stabilität verliehen.
Unser Kanu wies eine Länge von 5,00 m bei einer Breite von 0,70 m und einer Höhe von 0,25 m auf. Mit einem Freibord von 8 cm blieb nur wenig Luft nach oben. Die Konstruktion des Kanus erfolgte zeichnerisch in einem CAD-Programm. Mithilfe dieser Zeichnung wurden alle 12 cm Schnitte angefertigt, die für das Herstellen einer Negativschalung aus Styrodur von Relevanz waren.
Bewehrung und Beton
Die Bewehrung und Betonzusammensetzung wurden mithilfe von Variationen der einzelnen Betonkomponenten und mehreren Biegezugversuchen erprobt. Für den Biegezugversuch wurde als Vergleichswert eine Probe des bereits an der Regatta teilgenommen Kanus herangezogen. Zudem erfolgte eine Berechnung der erforderlichen Zugfestigkeit anhand des äußeren Wasserdrucks.
Mithilfe der Proben konnte eine geeignete Mischung hergestellt werden, die eine möglichst geringe Dichte, gute Verarbeitbarkeit und eine ausreichende Festigkeit bietet. Die beste Probe konnte bei einer Dicke von 1 cm und einem Auflagerabstand von 60 cm mehr als 40 kg aushalten.
Als Bewehrung für das Kanu wurde eine Mischung aus Carbon- und Glasfaserbewehrung gewählt. Diese Mischung bietet die optimale Kombination aus Festigkeit und Flexibilität beim Einbau. In den Spitzen wird durch kreuzweisen Einbau der Glasfaserbewehrung gewährleistet, dass in jede Richtung Zugkraft abgetragen werden kann. Zusätzlich wurden Aussteifungen an den Spitzen und in der Mitte in Form von Querstreben geplant.
Schalung
Die Schalung des Kanus bestand aus 42 einzelnen Styrodurspanten. Zur Herstellung der einzelnen Spanten wurden zunächst Schablonen aus Holz gefräst. Anschließend wurde das Styrodur mittels Bolzen zwischen zwei Holzspanten eingespannt und danach mit einem heißen Draht geschnitten. Jeder einzeln hergestellte Spant hatte eine feste Position im Schnitt des Kanus. Für die Betonage wurden die einzelnen Spanten sortiert aneinandergereiht und mit Spanngurten in Längsrichtung verspannt. Die Übergänge zwischen den Spanten und Unsauberkeiten auf der Styroduroberfläche wurden mit Schmirgelpapier geglättet und mit Malerklebeband abgeklebt, um ein Austreten des Betons und damit die Entstehung von Kanten an der Bootsaußenfläche zu vermeiden.
Herstellung des Kanus
Nach Fertigstellung der Schalung wurde der Beton angemischt und direkt auf die Negativschalung gespachtelt.Dabei erfolgte ein paralleles Arbeiten zweier Teams. Das eine Team mischte kontinuierlich Beton an, während das andere Team den Beton verarbeitete und die Bewehrung einbrachte. Zur Prüfung der Wandstärke wurde ein gekennzeichneter Nagel verwendet.
Nach einer Aushärtungszeit von 7 Tagen wurden die Aussteifungen nachträglich durch den Anschluss an die überstehende Bewehrung hergestellt. Als Schalung für die Querstreben wurden die ausgeschnittenen Styrodurbestandteile von der Schalungsherstellung verwendet. Diese wurden auf die passende Größe verkleinert und in das betonierte Boot eingelegt. Nach dem Ausschalen des Kanus wurde das Boot abgeschliffen und der Bootsname aufgebracht.
Nach 14 Tagen wurde dann der alles entscheidende Schritt gewagt: das Kanu wurde zu Wasser gelassen.
Nach anfänglichen Zweifeln war dann klar:
Es schwimmt!
Und dann ging es nur noch ans Üben. Durch die geringe Breite war die Fahrt zu Beginn sehr wackelig. Doch mit zunehmendem Training konnte ein gleichmäßiges Fahren erreicht werden. Getreu unserem Motto „Nur ein Genie beherrscht das Chaos“ war das Boot dann rechtzeitig zwei Wochen vor der Regatta einsatzfähig.
Die Regatta
Am 10. / 11. Juni war es dann soweit. Die Regatta stand an. Mithilfe eines Hängers und viel Geduld kam das Kanu nach einer zwölf Stunden langen Fahrt heil in Brandenburg an.
Am ersten Tag des Regattawochenendes wurden die Kanus der unterschiedlichen Hochschulen und Universitäten vorgestellt. Zudem erfolgte eine erste Bewertung und Prüfung durch die Jury, ob die vorgegebenen Randbedingungen auch eingehalten wurden. Dabei wurden die Kanus und Teams hinsichtlich der Kategorien Konstruktion, Nachhaltigkeit, Gestaltung, sportliche Wettkämpfe und Social-Media-Präsenz bewertet.
Am zweiten Tag fand dann die Regatta selbst statt. Hierbei erfolgte eine Qualifikation der einzelnen Teams durch Vor- und Zwischenläufe, sowie das Halbfinale. Im Finale traten dann jeweils bei den Damen und Herren vier Teams gegeneinander an. Insgesamt nahmen 79 Teams mit 44 selbstgebauten Kanus an der Regatta teil. Mit dabei waren auch sechs internationale Teams aus der Türkei, der Schweiz und Ungarn.
Letztendlich konnte unser Damenteam den 8. Platz und unser Herrenteam den 17. Platz mit unserem Kanu ING.o erreichen. Auch der 6. Platz in der Kategorie Social-Media-Präsenz kann sich sehen lassen.
Isabel Schrod
KIRN INGENIEURE
Studentin an der DHBW Mosbach